Abschied von Wahlfreiheit und Vorsorgeprinzip

Der Entwurf der EU-Kommission bedient in erster Linie die Interessen der Saatgut-Industrie, auf Kosten von Landwirt:innen und Verbraucherinnen, kritisiert Naturland-Präsident Hubert Heigl.

Aktuelles von Naturland

Juli 05, 2023

Naturland-Präsident Hubert Heigl kommentiert den am 5. Juli veröffentlichten Entwurf der EU-Kommission für ein neues Gentechnik-Gesetz:

„Mit diesem Entwurf verabschiedet sich die EU-Kommission vom Vorsorgeprinzip und den Grundsätzen der Wahlfreiheit und Transparenz. Der Schutz von Verbraucher:innen und Landwirt:innen wird geopfert zugunsten der Interessen der Saatgut-Industrie, der die Kommission mit ihrer geplanten Deregulierung der Gentechnik ein lukratives neues Geschäftsmodell sichert. Denn der massenhaften Patentierung von Pflanzeneigenschaften ist damit Tür und Tor geöffnet.

Es ist schon heute absehbar, dass große Saatgut-Firmen die neuen Gentechniken nutzen werden, um natürlich vorkommende Eigenschaften von Pflanzen nachzubauen und mit weitreichenden Patenten als ihr Eigentum zu schützen. Die Folge werden aber keine Fortschritte in der Pflanzenzüchtung sein, sondern im Gegenteil: Unabhängige Pflanzenzüchter verlieren den freien Zugang zu genetischem Material und ihre Arbeit wird wirtschaftlich uninteressant. Die Landwirtschaft wird zunehmend in die Abhängigkeit von wenigen Saatgut-Firmen getrieben werden. Auf den Äckern hält genetische Einfalt Einzug statt der Vielfalt, die wir brauchen, um den Herausforderungen es Klimawandels zu begegnen.

Zugleich werden die Wahlfreiheit der Verbraucher:innen und die Sicherung des Vorsorgeprinzips mit Füßen getreten. Denn eine Kennzeichnung soll es nur auf der Saatgut-Ebene geben. Ob das Lebensmittel im Supermarktregal mit Hilfe neuer Gentechniken entstanden ist, könnte dann niemand erkennen. Und das, obwohl in den allermeisten Fällen keinerlei Risikoprüfung mehr stattfinden würde. Denn der weit überwiegende Teil der manipulierten Pflanzen würde in die sogenannte Kategorie 1 fallen, die angeblich ‚gleichwertig‘ mit Pflanzen aus herkömmlicher Züchtung sein sollen. Die Definition diese Kategorie ist aber vollkommen willkürlich.

Immerhin erkennt die Kommission an, dass all das mit den Prinzipien des Öko-Landbaus nicht vereinbar ist. Wie aber Bio-Betriebe in Zukunft die Gentechnik-Freiheit ihrer Produktion in der Praxis sichern sollen, ohne Kennzeichnungspflicht uend Transparenzregeln, dazu sagt der Gesetzentwurf – wie schon zur Patentfrage – kein Wort. Auch die Frage, wer im Falle einer Kontamination von Bio-Erzeugnissen mit neuen Gentechniken die Verantwortung und damit die Kosten trägt, bleibt ungeklärt. Hier muss das Verursacherprinzip gelten.“

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