Viele einheimische alte Hühnerrassen stehen auf der Roten Liste gefährdeter Nutztierrassen. Die früher einmal wichtigsten Hühnerrassen wurden in den 1960er Jahren durch spezialisierte Mast- und Legehühner verdrängt. 60 Jahre später legt die Gesellschaft viel mehr Wert auf eine artgerechte Haltung, Tierwohl und Nachhaltigkeit.Dies wird durch die stetig steigende Nachfrage nach Produkten aus ökologischer Erzeugung bestätigt. Deshalb sehen wir den ökologischen Landbau in der Vorreiterrolle, die alten einheimischen Hühnerrassen wieder in die Landwirtschaft zu integrieren.
Der Fokus wird dabei auf das sogenannte Zweinutzungshuhn gelegt. Hinter diesem Wort steht die Nutzung der Hennen zum Eier legen und die Bruderhähne zur Fleischerzeugung. Damit wäre ein Töten der männlichen Eintagsküken oder Embryonen im Ei völlig überflüssig.
Zweinutzungshühner haben auch einen Nachteil. Sie können zwar Beides, kommen in ihrer Leistung nicht an die hauptsächlich genutzten Lege- und Mastlinien heran. Ziel des Projektes ist es daher, die Leistung der Kreuzungszuchten soweit zu optimieren, dass eine wirtschaftlich attraktive Nutzbarkeit im landwirtschaftlichen Bereich erreicht wird und so die genetische Vielfalt beim Haushuhn durch die Nutzung in der Geflügelzucht erhalten bleibt. Durch eine Kreuzungszucht soll eine breite Produktvielfalt geschaffen werden, welche einen hohen Regionalbezug durch die Geschichte der Rassen und die Haltung beim lokalen Landwirt hat. Im Projekt soll außerdem geklärt werden, unter welchen praxisrelevanten Möglichkeiten mit den RegioHühnern Lebensmittel produziert werden können. Sowohl für die alten Rassen als auch die Kreuzungstiere sollen Verwendungsmöglichkeiten eruiert werden. Auf diese Weise wollen die Projektpartner Friedrich-Loeffler-Institut für Nutztiergenetik in Mariensee (FLI-ING), die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft/Bayerische Staatsgüter (LfL/BaySG Kitzingen), die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und die Fachberatung für Naturland einen neuen Weg für eine nachhaltigere regionale Geflügelproduktion aufzeigen.
Im RegioHuhn Projekt sollen die lokalen Rassen an Elterntiere der Lege- und Masthybriden angepaart werden, um einen Heterosiseffekt zu erzielen. Dieser Effekt hat die Folge, dass bei den daraus resultierenden Nachkommen Eigenschaften der Eltern sinnvoll kombiniert werden und eine Leistungssteigerung eintritt, wie in ähnlichen Projekten bereits gezeigt wurde. Die Projektpartner haben sich auf die Rassen Altsteirer (wildbraun), Augsburger (schwarz), Bielefelder Kennhuhn (kennsperber), Mechelner, (gesperbert), Ostfriesische Möwe (silberschwarzgeflockt) und Ramelsloher (gelb) verständigt. Das Projekt unterteilt sich in mehrere Stufen:
- Erstellung von Reinzuchtherden je Rasse (den sogenannten Nukleusherden) bei den jeweiligen Institutionen. Die Bruteier stammen von privaten Züchtern und Zuchtringen.
- Aufzucht der Küken und Prüfung der Legeleistung der Hennen und Mast- und Schlachtleistungsprüfung der Hähne
- Anpaarung der reinrassigen Hähne je Rasse an Elterntierhennen der Lege- und Mastlinien zur Produktion von Gebrauchskreuzungen.
- Lege-, Mast- und Schlachtleistungsprüfung der Gebrauchskreuzungen bei den Projektpartnern und auf den Betrieben von ökologisch landwirtschaftenden Landwirten.
Unsere Rassehühner als Basis für die Gebrauchskreuzungen:
Bis auf die Bielefelder wurden alle Hühnerrassen im RegioHuhn Projekt bereits vor 1930 in Deutschland nachweislich gezüchtet. Sie kommen ursprünglich aus den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands und Belgien.

Herkunft: Verbesserter Landschlag aus der Steiermark; der ursprüngliche Typ ist nicht mehr vorhanden
Gewicht Hähne: 2,5 – 3 kg
Gewicht Hennen: 2,0 – 2,25 kg
Legeleistung: 180 Eier/Jahr
Eigewicht: 55 g
Eischalenfarbe: elfenbeinweiß
Gefährdungsgrad: stark gefährdet
Ursprüngliche Nutzungsrichtung: Zweinutzungshuhn mit Betonung der Eierproduktion
Farbschlag im Projekt: wildbraun
Hinter dem Kamm der Altsteirer bilden die Federn einen Schopf. Die Läufe sind weiß, wobei die einzelnen Schuppen rosenrot eingebettet sind. Altsteirer sind sehr bewegliche und lebhafte Hühner. Sie gehen emsig auf Futtersuche und brauchen unbedingt Auslauf. Bei letzterem ist auf einen Hohen Zaun zu achten, da die Altsteirer über eine außergewöhnliche Flugkraft verfügen. Diese Hühnerrasse ist nicht nur sehr widerstandsfähig gegen Krankheiten, sondern auch abgehärtet, wiederstands- und wetterfest. Dafür, dass sie sehr anspruchslossind, sind sie sehr gute Futterverwerter.
Herkunft: 1880 erzüchtet in Augsburg und Umgebung
Gewicht Hähne: 2,3 – 3 kg
Gewicht Hennen: 2 – 2,5 kg
Legeleistung: 180 Eier/Jahr
Eigewicht: 58 g
Eischalenfarbe: weiß
Gefährdungsgrad: Extrem gefährdet
Ursprüngliche Nutzungsrichtung: Legehuhn
Farbschlag im Projekt: schwarz
Besonders am Äußeren der Augsburger ist der Becherkamm oder Kronenkamm. Deshalb wurden sie zunächst auch Kronenhühner genannt. Den Auslauf nutzen die wetterfesten und widerstandsfähigen Augsburger intensiv. Die Hennen sind sehr ausdauernde Legerinnen, welche auch im Winter sicher Eier legen. Das Fleisch ist weiß und saftig.
Herkunft: in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts im Großraum Bielefeld erzüchtet
Gewicht Hähne: 3 – 4 kg
Gewicht Hennen: 2,5 – 3,25 kg
Legeleistung: 230 Eier
Eigewicht: 60 g
Eischalenfarbe: braun
Gefährdungsgrad: aktuell keine offiziellen Informationen
Ursprüngliche Nutzungsrichtung:
Farbschlag im Projekt: Kennsperber
Das Bielefelder Kennhuhn ist die einzige Hühnerrasse im Projekt, die nicht schon vor 1930 in Deutschland gezüchtet wurde. Die Küken sind kennfarbig, wenn sie schlüpfen. Das heißt, dass man anhand der Zeichnung und Gefiederfarbe sehen kann, welche Küken männlich und welche weiblich sind.
Herkunft: in der belgischen Region um die Stadt Mecheln erzüchtete Landrasse
Gewicht Hähne: 4 – 5 kg
Gewicht Hennen: 3 – 4 kg
Legeleistung: 180 Eier/Jahr
Eigewicht: 58 g
Eischalenfarbe: cremefarbig
Gefährdungsgrad: stark gefährdet
Ursprüngliche Nutzungsrichtung: zur Fleischerzeugung "Brüsseler Poularde"
Farbschlag im Projekt: gesperbert
Kuckuckshuhn werden die Mechelner auch genannt und besonders an ihrem Äußeren sind die befiederten Läufe. Mit einer guten Futterverwertung liefern die Tiere qualitatives Fleisch. Auch im Winter soll diese Hühnerrasse gut legen. Die schnellwüchsigen Küken sind leicht aufzuziehen und fliegen tuen sie nur wenig. Der Charakter ist ruhig und die Mechelner werden sehr zutraulich. Bevorzugt gehen die abgehärteten Tiere nach Draußen. Dort kommen sie auch mit rauen Gegenden zurecht und sind absolut wetterhart.
Herkunft: an der friesischen Nordwestküste Deutschlands erzüchtete Landhuhnrasse
Gewicht Hähne: 2,25 – 3 kg
Gewicht Hennen: 1,75 – 2,25 kg
Legeleistung: 170 Eier/Jahr
Eigewicht: 55 g
Eischalenfarbe: weiß
Gefährdungsgrad: Gefährdet
Ursprüngliche Nutzungsrichtung: Zweinutzung Eier & Fleisch
Farbschlag im Projekt: silberschwarzgeflockt
Unverwechselbar an den Ostfriesischen Möwen ist die angezüchtete Flockenzeichnung des Gefieders. Diese lebhafte Hühnerrasse ist munter, stürmisch und nicht scheu. Bei Zugang zu einem Auslauf sind sie sehr genügsam und nutzen ihn weiträumig, um Futter zu suchen. Die anspruchslosen "Möwen" sind ausgesprochen wetterhart und robust. Sie wachsen schnell und liefern ein hervorragendes Fleisch.
Herkunft: im norddeutschen Ort Ramelsloh erzüchtete Hühnerrasse im Landhuhntyp
Gewicht Hähne: 2,5 – 3,0 kg
Gewicht Hennen: 2,0 – 2,5 kg
Legeleistung: 170 Eier/Jahr
Eigewicht: 56 g
Eischalenfarbe: weiß bis gelblich
Ohrscheibenfarbe: bläulich getönt
Gefährdungsgrad: Extrem gefährdet
Ursprüngliche Nutzungsrichtung: Zweinutzungshuhn
Farbschlag im Projekt: gelb
Die schieferblaue Farbe der Läufe und der blaue Schnabel sind charakteristisch für die Altsteirer. Sowohl die Zehen als auch die Schnabelspitze sind hingegen hell. Die blaue Färbung kann sich bei der Henne bis in Gesichtshaut und Kammblatt fortführen. Die Augen sind nahezu schwarz und werden von einem schwarzen Lidring hervorgehoben. Um beide Seiten des Kammes, stehen kleine borstenartige Federn in einer Reihe heraus. Sie galten von 1900 bis 1920 als "das Wirtschaftshuhn". Die lebhaften Ramelsloher können sehr zutraulich werden. In ihrer Jugendphase neigen sie zum Fliegen und gelten als temperamentvoll. Ein Auslauf ist daher sinnvoll und wird fleißig zur Futtersuche genutzt. Ansonsten gelten die Ramelsloher als anspruchslos und sind wetterhart. Sogar im Winter sollen sie gut legen.
Das Projekt "RegioHuhn" wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft gefördert.